Eine Einführung in ein Thema für einen Seminaranbieter – 12.3.2014 –
Lernen hat sich verändert,
wenigstens der Theorie nach. In den herkömmlichen Schulen, in welche wir unsere Kinder schicken, wird jedoch beinahe durchgehend noch wie vor 100 Jahren gelehrt. Allerdings gibt es erste Ausnahmen und nach und nach bahnen sich die Erkenntnisse der neurobiologischen Wissenschaft ihren Weg durch die Schulflure.
Nimmt man nun an, dass es bei den Managern und Führungskräften anders aussieht, liegt man weit daneben. Auch auf diesen Fluren kennt man viele der wichtigsten Entdeckungen über unseren Big-Data-Speicher Gehirn und die entsprechenden Lernfunktionen kaum. Es wird nach alter Schulweisheit gelehrt, doziert und unterrichtet, allerdings auch mit dem ständigen Bemühen, das Gesagte durch Powerpoint und Flipchart visuell aufzuwerten. Dozenten erwähnen dann gerne in fast jeder unterrichtsähnlichen Veranstaltung, mit wie viel Prozent sich nun das gelernte Wissen bei entsprechender auditiver, visueller oder kinästhetischer Verarbeitung in unserem Gehirn verankern wird. Man weiß das inzwischen, doch dies ist nur die halbe Miete, denn während wir in den Seminaren diese zwar wahren Erkenntnisse als allerletzte Weisheit verkünden, ist die Wissenschaft vom Lernen schon wieder ein gewaltiges Stück weiter.
Wir nutzen allerdings nicht nur die vorgenannten, bereits bekannten Erkenntnisse zu wenig, sondern setzen oft auf althergebrachte, wirkungsarme Methoden, wie wir sie aus unserer eigenen Schulzeit kennen. Genau dieselben Methoden wenden wir beim eigenen „Selber-Lernen im stillen Kämmerlein“ an. Diese Lernmethoden können wir uns heute eigentlich nicht mehr leisten, denn wer hat nicht inzwischen den Eindruck gewonnen, dass wir einer Wissens- bzw. Kompetenz-Spirale „immer mehr in kürzerer Zeit“ ausgeliefert sind und täglich neue Strategien entwickeln müssen, um nicht zurückzufallen.
In ihrem Buch „Hören Sie auf zu rennen: Was Manager von Hase & Igel lernen können“[1] führen die Autoren amüsant und lehrreich die Situation vieler Manager aus und vergleichen viele Alltagssituationen mit der des Igels oder des Hasen. Den Autoren nach sind wir dann schnell geneigt zu behaupten: „Der Hase ist doch selbst schuld!“, denn schließlich war es seine eigene Überheblichkeit, die ihn zum ungleichen Wettkampf trieb. Eine Eigenschaft, die im wirtschaftlichen Wettlauf kaum so genannt wird – vielmehr wird diese sogar oft ganz einfach als Wettbewerbsvorteil eingestuft.
Negativbeispiele – etwa Manager, die sich an gigantischen Fusionen verheben, weil sie in ihrer Eile keinen Blick für Details finden oder Marketingexperten, welche Produkte zur Marktreife prügeln, um dann bei den unvermeidlichen Rückrufaktionen Federn zu lassen – werden viel zu wenig in einer direkten Kausalität zu einem Hasen-Verhalten gesehen. Einer der größten Trigger für das „Hasensyndrom“ sehen die Autoren in der Vorgabe von unrealistischen Zielplänen, welche scheinbar durch den Wettbewerb diktiert werden.
Doch auch der Igel hat seine Probleme: Er ist nicht ehrlich und damit hat er ein schwerwiegendes Problem mit Authentizität. Aber ich bin mir sicher, jeder von uns kann dies gut nach vollziehen, wenn der Wettbewerb mit harten Bandagen kämpft wäre man gerne auch mal Igel.
Wir sind es also gewohnt, dass unsere Zeitpläne kaum noch Raum für bereits als wesentlich identifizierte Bereiche lassen.
Stellen Sie sich vor, sie begegnen auf einer Geschäftsreise einem fremden Manager an der Hotelbar. Sie tauschen sich aus und schließlich fällt die Phrase: „Es wäre mal wieder Zeit, dieses oder jenes zu tun …“ – Sie sind sich aber einig, dass das Tagesgeschäft den Takt vorschreibt. Zu den vernachlässigten Bereichen gehört sicherlich auch die Weiterbildung fachlicher und persönlicher Kompetenzen.
In diesem Ratgeber geht es nicht darum, Ihr gesamtes Alltagsverhalten zu ändern. Es sollen mögliche Ausgangspunkte für eine Weiterentwicklung aufgezeigt werden. Es sollen Methoden angeboten werden, die es Ihnen ermöglichen, trotz Zeitdrucks Einiges dazulernen zu können.
Die Voraussetzung dafür ist, dass Sie sich zuerst einmal Zeit nehmen, um diesen Ratgeber zu lesen und Ihre Ausgangslage zu analysieren. So können Sie Ansatzpunkte für Ihre persönliche Handhabe des Themas finden. Die Tools, welche Sie am Ende dieses Ratgebers in der Hand halten, müssen Sie dann jedoch selbst anwenden: Schließlich ist das Lernen ein persönlicher Prozess bei dem Kopf, Herz und Hand beteiligt sind. Zumindest wird dies so bleiben, so lange der Nürnberger Trichter noch nicht erfunden wurde.
[1] Paul J. Kohtes und Nadja Rosmann, Was Manager von Hase & Igel lernen können, Kamphausen 2006